Das Jubiläumsgeschenk

zum 100-jährigen Geburtstag

Von Volkmar R.


Wurde dem SVT zum 75-jährigen Jubiläum ein wunderschöner Flaggenmast zum Geschenk, war es für die Mitglieder in 2002 gar so leicht nicht, einen Wunsch zu äußern, der dem Ereignis des 100-Jährigen angemessen schien. Es kamen auch nicht allzuviele Vorschläge. Wie soll man einen solchen Flaggenmast auch noch übertreffen, zumal er über seine Erhabenheit hinaus auch noch eine so starke Symbolkraft ausstrahlt.

Die eingegangenen Vorschläge wurden sorgfältig geprüft. Eine neue Wetterstation wäre sicherlich zweckmäßig und praktisch, aber man entschied sich dagegen. Eine Segelskulptur mit 3 beweglichen Segeln wurde als interessant eingestuft, doch wenn der Wind mit seiner Wucht dort hineinfährt, sie herumwirbelt und ein Kind im Gefahrenbereich steht - nicht auszudenken- die Verantwortung kann keiner übernehmen. Fehlanzeige. Ein Granitbrunnen, mit einer sich darin drehenden massiven Kugel, wie in manchen Badeorten an der Promenade zu sehen, erschien repräsentativ und für die Kinder ein ungefährliches Vergnügen. Doch hält finanziell das die Spendertasche aus, auch wenn sie aus so vielen "Gebern" besteht? Leider nicht. Und selber zusätzlich Geld einschiessen, über eine Spendenaktion (wie vor 25 Jahren)? Unrealistisch. Kugelbrunnen ade! Man könnte die zu erwartenden Spendengelder doch auch ergänzend zu den bereits vorhandenen Spenden für das neue Hallendach verwenden, sozusagen als "Zulage". Doch so ganz getraut hat man sich dazu dann doch nicht. Die "100" hatte etwas anderes verdient als eine "Zulage". -Wat nu?-

Eine kleine Gruppe machte sich auf den Weg, die Kunstwerke Lübecks in Augenschein zu nehmen. Ein Bankhaus am Lindenplatz hatte eine sehr interessante Plastik aufgestellt, in modernem Design, mit beweglichen Teilen (in 10 m Höhe) und aus rostfreiem Edelstahl. Prima. Konnte in die engere Wahl genommen werden. Entlang der Untertrave sind im Garten eines Hotels Lampen aufgestellt, die sehr stark an die Form von Segeln erinnern; kam auch mit in die engere Wahl. Aus anderen Segelclubs kamen Anregungen und Vorschläge. Im Laufe der Saison 2002 kam eine ganze Serie von Fotos zusammen, was in dieser Richtung hin alles an anderen Stätten des Segelsports und in Sachen Kunst auf den Geländen zu finden war.

Und so ganz allmählich schälte sich dann der Gedanke heraus, zwar eine Segelskulptur zu nehmen, aber nicht unbedingt mit beweglichen Teilen, sondern aus festen Elementen. Oder diese in großer Höhe "sich bewegen zu lassen". Viele Anregungen schwirrten im Kopf herum, aber nirgendwo war eine wirklich überzeugende Lösung in Sicht. Dann tauchten erste Skizzen auf. Das Thema war neu definiert worden und es war spannend: drei Bereiche, die miteinander im Kontakt sind, aber jeweils ihre eigene Dynamik entfalten, ihren eigenen Charakter verkörpern, die Einheit aber in sich, als Ganzes darstellend, beibehalten. Bewegliches war gar nicht mehr nötig. Von ihrem kraftvoll grazilen Ausdruck ging die Faszination aus. Das war's! Von diesem Punkt an gab es ein machbares Ziel. Jetzt konnten alle Gedanken in eine Richtung fliessen. Die Standortfrage war alsbald und schnell entschieden: bei einem so interessanten Gelände kann man das Objekt fast überall hinstellen. Aber es sollte einen Platz erhalten, an dem es von allen Seiten betrachtet werden kann. Die Sichten sind so vielfältig, so spannend, geben jedesmal einen anderen Eindruck wieder.

Da tauchte der Gedanke auf, die Umgebung des Standortes mit einzubeziehen.


Ein Modell entstand mit Standortskizze an einem Kreuzungspunkt von 2 Wegen: neben der Treppe zum Schwimmsteg - mit zentralem Blickwinkel über das gesamte Hafengelände und den heimkehrenden Schiffen als weithin sichtbarer Willkommensgruß erkennbar und der Achse zum Flaggenmast.

In der Monatsversammlung im Oktober 2002 ist das Gesamtkonzept den Mitgliedern des Vereins vorgestellt worden. Es fand grosse Zustimmung und Anerkennung. Das Modell und die Teile im Maßstab 1:10 sowie die Standortskizze gingen in die bewährten Hände der Technischen Ausführung über. Bei Flender befand sich noch für wenige Tage ein Plasma-Brennschneidegerät, das zu nutzen es galt. Rasch wurde gehandelt.

Aus 5 mm Schiffbaustahl entstanden 3 Segel, die dann mit Vorrichtungen in bauchige Form gebracht, auf eigene Füsse gestellt und an den entscheidenden Punkten mit Schweissnähten die feste Bindung zueinander erhielten. Grosses Können und Geschick unserer bei Flender seinerzeit noch tätigen Mitglieder ist es zu verdanken, dass aus der Idee Wirklichkeit werden konnte. Und das in einer so unglaublich kurzen Zeit.

Noch auf der Oktober-Versammlung 2002 wurden alle vorbereitenden Entscheidungen getroffen und mit dem Einlagern der Schiffe ins Winterlager das Betonfundament gegossen.

Die Oberfläche der Skulptur ist in seiner Eigenschaft als Stahl erhalten geblieben. Sorgfältiges Sandstrahlen holte die Strukturen und die Farbe "grau", wie sie nur im Stahl zu finden ist, wunderschön heraus. Es folgten viele Schichten Transparentlacks.

Dann geschah der abenteuerliche Transport über die Trave, das Kranen über die Wipfel der Bäume hinweg auf den endgültigen Standort.

Noch eine letzte Anweisung von der Künstlerin zum endgültigen Standort, dann wurde festgeschraubt. Die Takelmeister spendierten reichlich Anstrahlung am Abend der November-Monatsversammlung und die Mitglieder, die diese Versammlung besuchten, konnten sich zum ersten Mal über den Anblick freuen. Lange Zeit stand das Modell dann noch im Büro von Wolfgang Henseling. Er hatte sich Gedanken darüber gemacht, wie das Vorhaben, hier insbesondere die Gestaltung des geschwungenen Sitzbereiches, in die Tat umgesetzt werden konnte.

Vor dem Auslagern im Frühjahr 2003 folgte die Betonauffüllung der Ebene für die Sitzbank, anschliessend die Pflasterung des Weges.

Die vorgezogene geschwungene lange Sitzbank aus Teak, von der aus der Blick über die gesamte Anlage wandern kann, wurde in drei Elementen gefertigt. Abnehmbar, damit sie im Winter "drinnen" lagern kann und einfach zu pflegen ist. Vor der Bank ein Weg. Er verbindet die Treppe zum Schwimmsteg mit der Ebene vor dem Eingang zum Vereinshaus. Diese Querverbindung zum Schwimmsteg ist inzwischen eine gern genommene Abkürzung. Gleichzeitig entstand dadurch eine Stufigkeit im Gelände. Eine Einladung für Jung und Alt, sich gemütlich hinzusetzen und den Anblick und Weitblick gemeinsam zu genießen.


Möge die Skulptur dem SVT und seinen Mitgliedern Freude bereiten in einer glücklichen und friedvollen Zukunft.

Das Leben ist ernst – heiter die Kunst – Segeln die Freude am Leben.

Rückblick auf das Jubiläumsjahr 2002